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Doña Milvia und Dethlev Cordts

Kaffeereise nach Guatemala

Unser Grand Cru wächst im Schatten von Vulkanen

Guatemala ist ein Kaffeeland. Neben Bananen, Kardamom und Zucker gehört Kaffee zu den wichtigsten Exportprodukten. Von der Ernte gehen 95 Prozent ins Ausland, sechs Prozent nach Deutschland und ein bisschen auch nach Rheda-Wiedenbrück.

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Kaffeekirschen in ihrer schönsten Form

Seit 2014 sind die Grand-Cru-Bohnen aus dem winzigen Dorf Lampocoy in Nuevo Oriente aus unserem Angebot nicht mehr wegzudenken. Und schon seit einigen Jahren möchten wir die Kleinbauern dieses schönen Projekts an ihrem Arbeitsplatz besuchen – dieses Frühjahr wird der Plan endlich umgesetzt!
 
Dethlev Cordts, der Initiator des Projekts, lädt jedes Frühjahr wieder Kaffeeröster nach Zentralamerika ein. Der Hamburger hat Kleinbauern zusammengeführt, Vertriebswege aufgebaut und 2012 den ersten Lampocoy-Kaffee über den Atlantik nach Hamburg verschifft. Bis zu 140 Kleinbauern liefern ihre Kaffeekirschen an, die heute in sieben Ländern an über 100 Röster verkauft werden – eine Erfolgsgeschichte!
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Frühe Baukunst: Tikal

Allerdings hatte ihn nicht der Kaffee nach Guatemala gelockt, sondern die Mayas. Der Fernsehjournalist sollte eine Dokumentation über Tikal drehen, der eindrucksvollsten Ausgrabungsstätte der einstigen Hochkultur. Heute lebt er gemeinsam mit seiner Frau Milvia im Norden in El Remate, im grünen Tiefland unweit der Ausgrabungsstätte. Und so nahmen wir sein Angebot begeistert an, uns durch die eineinhalb Jahrtausend alten Tempel und Pyramiden inmitten von Urwald zu führen.
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Aus dem Regenwald ragen Pyramiden

Zur Blütezeit der Maya um 800 nach Christus lebten mehrere Zehntausend Menschen hier, errichteten dank ihrer Baukunst steil aufragende Tempelpyramiden und ritzten kunstvoll die Geschichte ihrer Zeit mittels Hieroglyphen in steinerne Stelen. 60 Meter misst die höchste Pyramide und wer sie besteigt, wird mit einer atemberaubenden Aussicht über Tikal und den Regenwald belohnt. Es braucht nicht viel Phantasie sich vorzustellen, dass sich unter den Hügeln und der Vegetation ringsum noch weitere archäologische Schätze verbergen.
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Echtes Maya-Essen: Tortilla und Bohnen

Unsere Gastgeberin Doña Milvia Pineda ist eine Maya, eine pura indigena. Ihre Vorfahren lebten einst in einem mächtigen Reich mit 20 Millionen Menschen, das nach 1000 Jahren auf rätselhafte Weise zerfiel. Die Maya machen heute einen Anteil von 50 Prozent der Bevölkerung Guatemalas aus. Sie sprechen 21 Sprachen, tragen stolz ihre farbenprächtigen Trachten und ernähren sich ähnlich wie ihre Ahnen. Doña Milvia lädt uns zu einem echten Maya-Essen ein: Sie hat schwarze Bohnen und Tortillas nur aus Maismehl zubereitet – eine eiweißreiche Stärkung für die nächste Etappe unserer Reise.
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Don Mateo ist der schnellste Pflücker

Von November bis März sind in der Region La Union die Kaffeekirschen reif. Wir kommen also genau richtig: Die Ernte ist in vollem Gange. Nur wie kommen wir hoch in die Berge auf 1 300 Meter? - auf der Ladefläche eines PickUps, so läuft das hier. Immer gut festhalten, denn der Sandweg ist rumpelig, voller Schlaglöcher, eine Kurve folgt der anderen und oft schauen wir besser nicht in den Abgrund neben uns. Lieber in die Weite blicken, auf die wunderschönen dicht bewachsenen grüne Berge. Und schon bald entdecken wir Arabicas, die unter Schattenbäumen am besten wachsen. Nachdem wir tüchtig durchgerüttelt sind, kommen wir auf der kleinen Finca von Don Mateo an. Der Kleinbauer besitzt hier 6000 Sträucher, die er mit seiner Familie bewirtschaftet, ohne den Einsatz von Pestiziden oder Kunstdünger. Don Mateo erklärt uns Anfängern die richtige Erntetechnik: Nur die reifen roten Kirschen einzeln vom Strauch pflücken und in den Korb sammeln. Bis zu neunmal gehen die Erntearbeiter an jeden Strauch, bis er vollständig abgeerntet ist. Für dieses aufwändige Verfahren, das die beste Qualität liefert, zahlt Dethlev Cordts 20 Prozent mehr als den Weltmarktpreis.
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Bald wächst hier ein Schattenbaum

Climate Change - ein Wort, das hier selbst die Kleinbauern kennen - begünstigt die Verbreitung von Schädlingen durch langanhaltenden Regen oder lange Hitzeperioden. Das trifft die Kaffee-Erzeuger hart und einiges wird dagegen unternommen. Dethlev Cordts verschenkt Setzlinge von Silbereichen und Bananen an seine Bauern, um den Schattenanteil in den Plantagen zu erhöhen: von 30 sollte der idealerweise auf 65 steigen. Für  uns hat Don Mateo Baumsetzlinge vorbereitet, die wir einpflanzen - auf das zukünftig stattliche Bäume seine Kaffeesträucher beschatten. Nach getaner Arbeit lädt uns Doña Silvia zum Essen ein. Tortillas gehören natürlich dazu, ohne wäre eine Mahlzeit unvorstellbar!
 
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Don Roberto erklärt die nasse Aufbereitung

Am nächsten Tag ist Dethlev Cordts etwas nervös und scheucht uns früh auf: Wir werden am Beneficio erwartet, wo die nasse Aufbereitung der Kirschen an der Reihe ist. Uns Kaffeeröster interessiert ja eigentlich nur der Kern der Kaffeekirsche, der zuerst mit dem Pulper aus dem Fruchtfleisch heraus gedrückt wird. Danach liegen die Kerne stundenlang in großen Wasserbecken zur Fermentation, wobei sich die umhüllenden Schleimschichten lösen. Danach schwimmen die Pergaminos durch Schwemmkanäle und die oben treibenden werden als schlecht aussortiert.
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Die Sonne übernimmt die Trocknung

Dann werden die Kerne auf einem Trockenplatz, dem Patio, ausgebreitet und der Sonne ausgesetzt. Als wir nachmittags in Gualan ankommen, war gerade eine Lieferung frisch aus der Aufbereitung angekommen. Die sogenannten Pergaminos haben einen Feuchtigkeitsgehalt von 100 Prozent, der mittels Sonnenkraft auf rund 11 gesenkt wird. Dazu heißt es: Bohnen ausbreiten, harken, wenden - mehrmals täglich. Da sind die Arbeiter aber froh, dass wir Röster als Helfer gekommen sind und mit den Schaufeln neue Reihen ziehen. Nach der Arbeit gab´s eine Erfrischung, in unserem Fall natürlich Kaffee - schon gezuckert.
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Alle sollten aussehen wie der Strauch in der Mitte

Wie die Kleinbauern leiden auch die größeren Plantagen unter den Folgen der veränderten Wetterbedingungen. Bei einem Abstecher über die Grenze nach Honduras sind wir ziemlich abenteuerlich auf der Ladefläche eines PickUps hinauf zur Finca „El Silencio“ gefahren, mit 340 ha nicht mehr klein. Drei Geschwistern betreiben den Familienbetrieb, der in diesem Jahr maximal die Hälfte der sonst erwarteten Erntemenge abwirft. Der Grund: hohe Regenmengen, die die Ausbreitung von Pilzerkrankungen - allen voran der Roya - erheblich begünstigen. In der Folge haben die geschwächten Pflanzen dem gefürchteten Broca (Kaffeebohrer) nichts mehr entgegen zu setzen. Mit bio-zertifizierten Methoden lässt sich der Befall kaum noch aufhalten, so dass der Anbau von Bio-Kaffee in Zentralamerika derzeit in einer tiefen Krise steckt. Außerdem fehlen die Erntehelfer auf den Farmen. Da sehr viele vor allem jüngere Menschen in den Norden und in die USA migrieren, wird die Ernte von Wanderarbeitern eingebracht.
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So schön kann Abwasseraufbereitung aussehen

Gegen die Kaffeekrankheiten setzt man auf der Finca Cascajal bei Esquipulas, mit 550 ha ein großer Arbeitgeber, auf konventionellen Anbau mit resistenten Varietäten wie Pacamara und AnaCafé 14. Bei einer Verkostung, die Profis nennen das Schlürfen „Cupping“, lassen wir den Geschmack entscheiden: Pacamara gewinnt!
Auch Don Luis, der Leiter der Anlage, erwartet 15 Prozent geringere Ernteerträge wegen des schlechten Wetters. Auf dem modern geführten Betrieb sehen wir, was heute an Recycling möglich ist. Die Abwässer des Beneficios werden über eine Biogasanlage in Methan und Dünger umgewandelt. Methan wird in den 25 Trommeltrocknern verbrannt. Die Pulpe wird kompostiert und ausgebracht.
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In der Baumschule gedeiht der Nachwuchs

Die letzte Plantage auf unserer Reise ist die prächtigste: Finca Pastores im klassischen Anbaugebiet von Antigua. Hans Masch, Chef des Unternehmens mit angeschlossener Kaffeehauskette, berichtet von den aktuellen Problemen der Kaffeewirtschaft Guatemalas: Die Produktionskosten für Dünger, Insektizide, Energie und Löhne sind gestiegen. Die Nachfrage nach dem hochwertigen Kaffee aus Guatemala am internationalen Markt ist stark zurückgegangen. Den geringeren Einnahmen der Produzenten stehen damit höhere Kosten gegenüber.
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Hier werden Kinder besonders gefördert

Trotz aller Schwierigkeiten haben es sich Dethlev Cordts und seine Frau Milvia zur Aufgabe gemacht, auch soziale Projekte in der Region zu fördern. Wir besuchen eine Schule für 55 Kinder mit Behinderungen, die hier zum Beispiel in Braille-Schrift oder Gebärdensprache unterrichtet werden.

Außerdem haben sich Frauen der Region zusammengetan, um eine eigene Kaffeesorte zu produzieren. Und wenn sie nach der Ernte ein Einkommen suchen, können sie in einer Weberei Schals und Kissen in den typisch leuchtenden Farben Guatemalas für den deutschen Markt weben.
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Ein Re-Import aus Wiedenbrück

Jede Reise hat einmal ein Ende und so setzen wir uns mit unseren Reiseleitern und Rösterkollegen in einem hübschen Lokal zum Abschieds-Abendessen zusammen. Was für ein schöner Zufall, dass dort eine traditionelle Marimba-Band und Tänzer mit Maya-Masken auftreten. Und nachts rüttelt uns dann auch noch ein kurzes Erdbeben wach – was für ein Abschied vom Land der Mayas und der Vulkane!
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